Am 06.12.2021 wurde die neue Ampel-Regierung vereidigt. Die Koalition aus SPD, Bündnis 90/Die Grünen und FDP haben sich in einem umfangreichen Vertrag auf gemeinsame Vorhaben für die nächsten vier Jahre geeinigt.

Auch Bürger:innenräte haben es in den Koalitionsvertrag geschafft. Auf Seite 8 unter der Überschrift Lebendige Demokratie schreiben die Parteien: 

„Wir wollen die Entscheidungsfindung verbessern, indem wir neue Formen des Bürgerdialogs wie etwa Bürgerräte nutzen, ohne das Prinzip der Repräsentation aufzugeben. Wir werden Bürgerräte zu konkreten Fragestellungen durch den Bundestag einsetzen und organisieren. Dabei werden wir auf gleichberechtigte Teilhabe achten. Eine Befassung des Bundestages mit den Ergebnissen wird sichergestellt”.

Mehr Fortschritt wagen – Koalitionsvertrag zwischen SPD, Bündnis 90/Die Grünen und FDP

Das ist ein großer Erfolg!

Zum Wahlkampfauftakt hat Klimamitbestimmung alle Parteien aufgefordert, zu fünf Fragen – sogenannten Wahlprüfsteinen – Stellung zu beziehen. Die Antworten von SPD, Bündnis 90/Die Grünen und FDP könnt ihr unter Bundestagswahl 2021 auf den jeweiligen Parteiseiten nachlesen. Daran möchten wir den Abschnitt aus dem Koalitionsvertrag messen.

In ihren Antworten haben alle drei Parteien betont, dass sie für Bürger:innenräte als Ergänzung der parlamentarischen Demokratie grundsätzlich aufgeschlossen sind. Die Grünen wollten sie sogar mit einem Beteiligungsgesetz rechtlich verankern. Damit konnten sie sich scheinbar nicht durchsetzen.

Dieser rechtliche Rahmen ist auch uns wichtig. Wir möchten, dass der Bundestag festlegt wer, wann und wie Bürger:innenräte einberufen kann. Ob die neue Regierung das umsetzt, lässt der Koalitionsvertrag nicht erkennen. Auch der Zivilgesellschaft wird noch keine Möglichkeit gegeben, Bürger:innenräte über z.B. Petitionen einzuberufen. Damit sind sowohl SPD als auch Grüne hinter ihren Versprechen aus den Wahlprüfsteinen zurückgefallen. Das finden wir wenig ambitioniert und sehr bedauerlich.

Des Weiteren legen wir Wert auf die Umsetzung nach erprobten Verfahren, die von einer unabhängigen Stelle koordiniert und überprüft werden, um die Qualität des Prozesses, die  Unabhängigkeit der Involvierten und die Ergebnisoffenheit des Verfahrens gewährleisten zu können. Leider wurden Vorschläge für ein solches Gremium im Koalitionsvertrag noch nicht aufgegriffen.

Wir begrüßen es jedoch, dass eine Befassungspflicht für den Bundestag mit den Ergebnissen im Koalitionsvertrag explizit genannt wird. Es ist dabei entscheidend, dass den ausgelosten Bürger:innen und der Allgemeinheit nach der Befassung auch Erklärungen gegeben werden, ob die einzelnen Vorschläge aus dem Empfehlungskatalog angenommen, abgelehnt oder verändert werden und weshalb. Nur so kann Enttäuschungen und Vertrauensverlust seitens der Bürger:innen vorgebeugt und eine Abwertung des Verfahrens vermieden werden.

Uns freut die Ankündigung von mehreren Bürger:innenräten in dieser Legislaturperiode und die Festlegung, diese vom Bundestag einberufen zu lassen. Hier möchten wir betonen, wie wertvoll diese gelosten Gremien besonders in Themenfeldern der sozial-ökologischen Transformation sein können. Bisher blieben strittige Themen, bei denen zunächst keine Einigung gefunden werden konnte, oft unbearbeitet. Das ist allerdings besonders in dieser Legislaturperiode keine Option mehr. Die Empfehlungen von Bürger:innenräten können zügig Kompromisse ermöglichen, die für keine Partei einen Gesichtsverlust oder gebrochene Versprechen bedeuten. Aber nicht nur das. Bundesweite Bürger:innenräte können auch als Bühne für gesellschaftlichen Dialog fungieren, auf der gangbare Wege in die Zukunft gemeinsam und lösungsorientiert diskutiert und abgesteckt werden können. So können wir gemeinsam Polarisierungen bei schwierigen Entscheidungen vermeiden und Menschen in Deutschland vielleicht sogar näher zusammen bringen.

Wir bei Klimamitbestimmung sehen es als unsere Aufgabe, die neue Regierung davon zu überzeugen, dass Fragen zur anstehenden sozial-ökologische Transformation die richtigen und wichtigen Bürger:innenratsthemen sind. Schließlich haben die Parteien „Mehr Fortschritt wagen“ als bestimmendes Motto der Koalition gewählt. Daran wollen und werden wir sie so oft wie nötig erinnern.

Helft ihr uns dabei?

Wir zählen auf euch! Und auf die neue Ampel-Regierung. Dafür einen guten Start!